King Falcon erbrachte als Rennpferd konstant seine Leistung und lief bei 28 Starts 19 Mal ins Geld. Leider zog er sich über die Zeit allerdings Schäden an den Griffelbeinen zu.
Aufgrund dieser Tatsache wurde er aus dem Sport genommen und als Reitpferd verkauft. Durch eine Geschäftspartnerin wurde seine letzte Besitzerin auf ihn aufmerksam und verliebte sich in sein ruhiges und ausgeglichenes Wesen.
Seit September 2001 lebte er bei ihr. Die beiden waren überwiegend als Freizeitpartner im Gelände unterwegs und haben auch einige Wanderritte gemeistert. Gesundheitlich wurde der hübsche Wallach 2011 in Rente geschickt, bevor er im August 2021 friedlich auf der Weide im Kreise der Herde eingeschlafen ist. Die Dankbarkeit für 20 gemeinsame Jahre hat Antonia Siep auf ihrer Website festgehalten: https://www.pferd-e-motion.com.
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King Falcons persönliche Geschichte
(geschildert von Antonia Siep)
Es wird im August 2001 gewesen sein, als meine Freundin und Geschäftspartnerin ins Büro kam, um mir von einem "ganz braven Büter" zu erzählen, der übergangsweise bei ihr im Stall stünde, da er seine Karriere als Rennpferd beenden musste und jetzt verkauft werden sollte. Den würde sie jetzt mal ne Weile reiten und der sei so gelehrig und überhaupt ein ganz schickes Pferdchen.
Ich war damals seit zehn Jahren nicht mehr geritten und sowieso waren meine reiterlichen Fähigkeiten überwiegend im Gelände erworben. Einigermaßen naiv sagte ich also sowas wie: "Na, wenn der so brav ist, kann ich mich ja mal drauf setzen, bis Ihr einen Käufer gefunden habt."
Sowas darf man nie machen, wie ich heute weiß. Innerhalb von wenigen Tagen war klar, er ist mein Pferd. Das beste Pferd der Welt ! Nachdem der Tierarzt sich insbesondere die Beine angesehen hat und zu mir sagte "Entweder nehmen Sie ihn oder er kommt zu mir" gab es kein Zurück mehr.
Wir haben also angefangen, aus einem Rennpferd ein Freizeitpferd zu machen und ich habe Unterricht genommen. Das Rennpferd hat sich anfangs noch häufiger gezeigt, als es mir lieb gewesen wäre, zweimal hat er wohl die Meile mit mir gemacht und mich zum Copiloten degradiert. Grundsätzlich aber ist er unglaublich gelassen, gelegentlich fast ein bischen phlegmatisch. Dabei allerdings immer leistungsbereit und bemüht, es dem Reiter recht zu machen.
Nach zwei relativ kurzzeitigen Reitbeteiligungen haben wir mittlerweile die perfekte Kombination gefunden, eine Reitbeteiligung, die zur Freundin wurde.
King Falcon ist im ganzen Stall als absolutes Verlasspferd bekannt, er (er)trägt kleine Kinder, gibt sich im Rahmen seiner (und meiner) Möglichkeiten viel Mühe in der Dressur, und macht so ziemlich alles mit, was man von ihm verlangt. Immer wieder sorgt er für Gelächter mit seiner Nervenstärke: wenn andere Pferde beim Anblick einer Peitsche schon los laufen, dann lässt er sich buchstäblich davon einwickeln und schaut mich mit großen Augen an, was ich denn von ihm will. Schwerpunktmäßig sind wir im Gelände unterwegs, wir haben phantastische Reitwege unmittelbar vor der Tür.
Im Sommer 2005 haben wir uns erstmals im Wanderreiten ausprobiert und das hat hervorragend funktioniert (auch wenn wir mit Dressursattel und Rucksack sicher eher ein Lachfaktor für viele Leute waren). Dieses Jahr geht es wieder in die Eifel - ich freu mich schon!
Fazit: Seit jetzt fast 8 Jahren bin ich glückliche Besitzerin eines Ex-Galoppers und habe es nie bereut.
Für dieses Glück - denn so empfinde ich es wirklich - möchte ich mich an dieser Stelle ganz besonders bei Peter Heugl bedanken ! Peter, ich wünsche dir alle Kraft, die du brauchst !!!
(Stand: Mai 2009)
Update
Inzwischen sind fast drei Jahre vergangen und es ist eine Menge passiert ...
unser Wanderritt im Juni 2009 war traumhaft, wir drei (der Hund ist tapfer mitgelaufen) hatten einen sehr erholsamen Urlaub.
Im Februar 2010 hat es mich beruflich in die Schweiz verschlagen und nachdem ich die Probezeit überstanden hatte, habe ich King Falcon zu mir geholt. 2010 war für mich ein extrem schwieriges Jahr und
wieder einmal war er es, der mich tapfer getragen hat (im wahrsten Sinne des Wortes). Wie tapfer er eigentlich war, habe ich im Juni 2011 erkennen müssen.
Nach einer Zeit der Ratlosigkeit, einem schlechten Bauchgefühl und vielen "schlauen Ratschlägen von Profis" wegen plötzlicher Wesensveränderungen (er wurde von einem Tag auf den anderen aggressiv und
ging plötzlich gegen mich, biss und einmal ist er tatsächlich gegen mich gestiegen) habe ich den Tierarzt kommen lassen. Dessen Aussage war deutlich "Ihr Pferd ist nicht lahm, weil er sich nicht
entscheiden kann, auf welchem Bein er lahmen soll - weh tun sie ihm beide."
Ich habe dann am 17.06.2011 röntgen lassen – ich brauchte es schwarz auf weiss.
In der Klinik verlief der Dialog wie folgt:
TA: Wo soll ich anfangen?
Ich: Bei ganz schlimm und dann bitte langsam besser werden.
TA: *schweigt*
Ich: Hm.. die Option gibt es nicht? – in dem Moment habe ich völlig die Beherrschung verloren und fürchterlich angefangen zu weinen.
Daraufhin haben wir die Bilder alle im Einzelnen besprochen und ich erinnere mich an Aussagen wie "allein wegen diesem kleinen Zipfelchen würden 50 % der Pferde, die ich sonst hier habe, stockelahm
gehen", "das (leichte Kissing Spines) haben ja - wenn wir ehrlich sind - viele Reitpferde, aber so (um etwa 1 cm überlappende Dornfortsätze in der hinteren Sattellage) sehe ich es nur sehr selten",
es war desaströs. Arthrose in beiden Vorderbeinen, rechts vom Fesselkopf abwärts kein Knochen auf dem anderen wie es sein sollte und der Rücken noch oben drauf.
Glücklicherweise wurde ich von einer Freundin begleitet, die dann wenigstens die Frage formulieren konnte, ob wir ihm mit "in Rente schicken" überhaupt einen Gefallen täten oder ob das Leid
verlängern wäre. Die Aussage des TA "Das kann ich Ihnen nicht beantworten. Aber wenn es meiner wäre würde ich es versuchen. So wie er da steht, möchte ich ihn jetzt ungerne einschläfern, er sieht
einfach zu gut aus."
Gesagt getan, vier Tage später sind wir umgezogen in die "Rentneranstalt" – hier ist er den ganzen Tag bzw. im Sommer die ganze Nacht in einer kleinen Gruppe draussen und hat in der restlichen Zeit
eine riesige Box. Von Anfang an hat er sich dort sehr wohl gefühlt. Auch die plötzliche Umstellung von täglicher Arbeit auf "nur noch rumstehen" hat ihm nichts ausgemacht. Meine nächste Sorge war,
wie es sein würde, wenn es nasser, kälter, Winter würde. Ich habe damals sowohl die Stallbesitzerin als auch meine Freundin "verpflichtet", ehrlich mit mir zu sein, wenn ich mir etwas schön rede, mir
sofort zu sagen, wenn sie der Ansicht sind, es macht keinen Sinn mehr oder er will nicht mehr.
Heute ist der 01. März 2012 und der "Herr Pferd" ist immer noch. Es gibt Tage oder Phasen, in denen er schlechter läuft, der gefrorene Boden im Februar hat ihm zu schaffen gemacht, daraufhin durfte
er eben seine BOT-Stallgamaschen auch auf der Weide tragen. Im Dezember hat er seine grosse Pferdeliebe gefunden und wehe jemand wagt sich, die beiden zu trennen. Ich konnte es selbst nicht glauben,
aber sobald er sie nicht mehr sehen kann, fängt er an so herz- oder auch trommelfellzerreissend zu wiehern, dass es kaum zu ertragen ist.
Jetzt hoffe ich einfach, dass er noch viele Jahre über irdische Wiesen galoppiert und ich den richtigen Zeitpunkt für die Weiterreise finde, wenn er nicht mehr mag ...
(Stand: März 2012)
Update
Im Sommer 2012 mussten wir nochmals umziehen, da die Integration der verbleibenden Rentner in eine Herde von mehr als 20 Pferden für King Falcon nicht funktioniert hat. Innerhalb weniger Wochen magerte er ab, war sichtlich gestresst und fand kaum Ruhe.
So verschlug es uns ein paar km weiter zu einem älteren Herrn, der eine kleine Truppe von überwiegend verrenteten Pferden beherbergte. King Falcon war immer schon ein sehr empathisches Pferd, aber bei den beiden älteren Herren war es Liebe auf den ersten Blick (oder Lick?), bei Ankunft in seiner Box schaute King Falcon sich Franz genauer an und begann, ihn von oben bis unten abzulecken. Die Freundschaft war so vom ersten Tag an besiegelt und über Jahre verbrachte Franz täglich viel Zeit mit kleinen „Schwätzchen mit seinem Loki“ und steckte ihm immer wieder Eukalyptus-Bonbons zu.
Franz sagte einmal zu mir „Also einen, der so kaputt auf den Beinen ist, hatte ich vielleicht noch nie.“ Ich daraufhin „Was soll ich denn machen? Einschläfern? So wie der sich benimmt?“ Franz wiederum völlig entsetzt „Quatsch, ich lebe ja auch noch!“
Im Sommer 2018 verliess uns Franz relativ unerwartet und ich war mir sicher, King Falcon würde ihm folgen. Um ihm die Entscheidung zu gehen nicht ganz so einfach zu machen, habe ich mich in einem Anfall von Sentimentalität nochmal drauf gesetzt. Erst nur in der Box auf den nackten Rücken – ich habe eine halbe Stunde in seine Mähe geplärrt, während er zufrieden sein Heu frass. Als dann eine Freundin mir ihren Sattel mit den Worten „der passt ihm sicher“ aufdrängte und zu meiner grössten Überraschung wohl auch ein Masssattel nicht besser gesessen hätte, habe ich alle Röntgenbilder in meinem Kopf kurz zur Seite gewischt und mich darauf verlassen, dass mein Pferd mir schon Bescheid gibt, wenn etwas nicht stimmt. Ich habe gesattelt, mich drauf geschwungen und bin nach acht Jahren einfach losgeritten. Also nein… geritten ist falsch. Ich habe gesattelt und mich draufgesetzt, die Zügel auf den Hals gelegt und mein Pferd entscheiden lassen, ob und wie weit er gehen möchte. So sind wir in den letzten 2,5 Jahren ein paar Mal im Schritt die kleine Rentnerrunde einmal ums Feld gegangen… manchmal inklusive Besuch auf dem Friedhof bei Franz, diese Entscheidung übernimmt der Herr Pferd immer selbst.
Inzwischen 26 Jahre alt erfreut er sich geistig immer noch bester Gesundheit, seine körperlichen Unzulänglichkeiten interessieren ihn nur sehr am Rande und so „befürchte“ ich inzwischen, dass es noch dauert, bis er sich entscheidet, diese Welt zu verlassen. Franz sagte am Anfang mal zu mir „Der letzte, den ich habe einschläfern lassen müssen, war 37 Jahre alt“ – damals habe ich kurz panisch aufgelacht und grob kalkuliert, dass ich für 20 Jahre Pferde-Rente auch ein Häuschen kaufen könnte… die Weisheit dieses Pferdes ist aber mit keinem Geld der Welt zu bezahlen!
(Stand: Februar 2021)